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Jochen Ritter zu Gast beim Baugewerbeverband Westfalen: Branchenstimmen zwischen Lob und Kritik
Auf der jüngsten Mitgliederversammlung des Baugewerbeverbandes Westfalen traf der baupolitische Sprecher der CDU, Jochen Ritter, auf eine engagierte und kritische Runde. Obwohl Ritter die Erfolge der Landesregierung im Bereich der Baupolitik hervorhob, blieb es nicht bei freundlichem Applaus. Die Mitglieder hatten einiges auf dem Herzen – vor allem Kritik an überbordender Bürokratie und praxisfernen Regelungen.
Jochen Ritter lobt Erfolge der Landesregierung
Zu Beginn seiner Rede ließ Ritter keinen Zweifel daran, dass die Landesregierung in der Baupolitik bereits wichtige Schritte gegangen ist. Besonders die Novellierung der Landesbauordnung sei ein Erfolg, der für weniger Hürden im Bauprozess sorgen soll.
Auch die kleine Bauvorlageberechtigung, die es Maurern und Zimmerern erlaubt, Bauvorlagen selbst einzureichen, wurde hervorgehoben. Der wichtigste Schritt sei aber sicherlich die Aufstockung des Landesprogrammes zur öffentlichen Wohnraumförderung. Hier macht die Bauministerin Förderzusagen in Höhe von 10,5 Mrd. € bis 2027. Damit habe man ein verlässliches Bauprogramm geschaffen, dass wir zurzeit auf der Bundesebene vermissen.
Bürokratie behindert die Betriebe
Doch die Mitglieder der Versammlung ließen Ritter mit seiner Aufzählung der Erfolge nicht lange allein. Schnell machte das Publikum kritische Anmerkungen. Besonders auf dem Herzen lag vielen Anwesenden die Bürokratie im Bausektor. Obwohl Ritter auf die Erleichterungen durch die Novellierung der Landesbauordnung verwies und zarte Fortschritte beim Bauportal NRW erwähnte, berichteten die Anwesenden von ihren ernüchternden Erfahrungen mit den Baubehörden.
Häufig nutzen die Sachbearbeiter ihren Ermessensspielraum leider, indem sie immer den höchst denkbaren Anforderungen verlangen. Das ist nicht nur realitätsfremd, es erschwert das Vorankommen vieler Bauprojekte. Hinter diesen nicht nachvollziehbaren Ermessensentscheidungen verbirgt sich oftmals die Unerfahrenheit vieler Mitarbeiter sowie die mangelnde Bereitschaft, Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen. Die maximale Absicherung fernab des praktischen Handelns überwiegt leider und scheint tief in den öffentlichen Verwaltungen verwurzelt zu sein.
Daneben übten die Anwesenden auch fleißig Kritik an gesetzlichen Bestimmungen. Noch immer gibt es keine hinreichenden Regelungen für Recyclingbaustoffe, die geplante Gefahrenstoffverordnung wälzt die Verantwortung für Asbest vom Eigentümer auf den ausführenden Betrieb ab. Sollte die Bundesregelung wirklich so in Kraft treten, muss jeder ausführende Handwerksbetrieb eine Asbestbeurteilung vorlegen. Die Erkundungspflicht des Veranlassers wird damit völlig außer Kraft gesetzt und macht die Kalkulationen unserer Betriebe zukünftig noch herausfordernder.
Zudem gaben viele der anwesenden Unternehmer zu bedenken, dass die hohen Dämmstärken beim Neubaustandard auch feste Preistreiber sind. Außerdem sind die konstant hohen Kaufnebenkosten ein weiterer Bauverhinderer. Vor allem die Grunderwerbssteuer mit ihren 6,5% fällt dabei besonders ins Gewicht und müsse endlich reduziert werden.
Keine falschen Hoffnungen bei der Grunderwerbsteuer
Ritter stellte sich dem Fragenhagel und betonte, dass ihm ein wenig Feuer im Saal lieber sei, als gespenstische Stille. Dabei wiegelte er die unangenehmen Themen dankenswerter Weise mit altbekannten Politikerfloskeln ab, sondern zeigte klare Kante. Er könne die Argumente für eine Grunderwerbssteuersenkung durchaus nachvollziehen, „aber ich mache hier keine falschen Versprechungen. Dafür ist schlichtweg kein Geld da.“
Trotz der kritischen Töne blieb der Austausch sachlich und konstruktiv. Ritter machte klar, dass er die Anliegen der Bauwirtschaft ernst nimmt und weiterhin daran arbeiten will, den Bausektor zu stärken. Doch die Diskrepanz zwischen den politischen Möglichkeiten und den dringenden Forderungen aus der Praxis wurde auch in dieser Sitzung deutlich. Es bleibt abzuwarten, ob die Landesregierung den Forderungen der Bauwirtschaft künftig stärker entgegenkommen kann – oder ob die Bürokratie weiterhin den Takt vorgibt.